Gefallen – Gefangen – Begraben – Repatriiert. Vergessene oder erinnerte Verbrechen an sowjetischen Kriegsgefangenen in Deutschland und Europa seit 1945
Referent: Jens Nagel
Sowjetische Kriegsgefangene waren bis zur deutschen Wiedervereinigung in der öffentlichen Wahrnehmung in beiden deutschen Teilstaaten, Europa und der Sowjetunion marginalisiert. Ihre Namen wurden infolge stalinistischer Repression bewusst nicht genannt, weil Kriegsgefangenschaft im sowjetischen Machtbereich bis zum Zerfall der Sowjetunion ein Tabuthema blieb. Sie passten nicht ins Narrativ vom siegreichen Großen Vaterländischen Krieg unter der Führung Stalins.
Infolge des kalten Krieges wurden Soldatenfriedhöfe sowjetischer Kriegsgefangener in den 1950er und 1960er Jahren in der Bundesrepublik als Provokation betrachtet. Denkmäler wurden geschliffen und gerade die Friedhöfe an ehemaligen Lagerstandorten mit zehntausenden von Opfern umfassend umgestaltet und umgedeutet. Erst mit der deutschen Wiedervereinigung und den beginnenden Auseinandersetzungen um die Verstrickung der Wehrmacht in die nationalsozialistischen Verbrechen wirkten als Katalysator und Beschleuniger, sich mit den sowjetischen Kriegsgefangenen intensiver wissenschaftlich zu befassen und institutionell in Gedenkstätten zu erinnern.
Jens Nagel ist Historiker und seit 2002 Leiter der Gedenkstätte Ehrenhain-Zeithain.
Eine Veranstaltung der Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig.