Die deutsch-russische Literaturgruppe „buterbrod“ hält eine ihrer legendären Lesungen mit typisch russischem „Tschaepitie“, was auf Deutsch soviel wie Teetrinken bedeutet, ab. Zu dampfendem Tee aus Samowar, leckeren Keksen und finnischer Tango-Musik gab es vor allem Zweisprachiges zu belauschen. Der Name „Buterbrod“ ist eines der bekanntesten deutschen Lehnwörter der russischen Sprache und Leitmotiv, die Mitglieder schreiben auf Russisch und Deutsch, tragen zweisprachig oder in Übersetzung vor. „Literaturzirkel“ nennt sich die 2010 gegründete, aus Leipziger Literaten und Übersetzern bestehende Formation ganz bescheiden, ihre Lesungen sind viel mehr als das. Sie sind vor allem ein Event.
Zwickmühle meine Zweisprachigkeit
Daran ließ Viktor Kapischnikow keinen Zweifel, der die, den Abend bestreitenden fünf Autoren in einem dadaistischen Vogelkostüm ankündigte. Ihre Lyrik und Prosa schwankte zwischen bildhaften, feinsinnigen, gesellschaftlichen, politischen, surrealen und tragikomischen Elementen. In einem Text von Sergej Tenjatnikow ging es um eine tote Schnecke. Polizisten durchkämmten auf der Suche nach ihr eine Wiese. Die Schnecke möge verzeihen, stellte das lyrische Ich am Ende ironisch fest, Leser würden nun einmal Leichen und Krimis mögen. Andere Texte verschrieben sich den Themenkreisen Identität und Heimat. „Der Kelch / deines Unglücks ist gefüllt auf so russische Art“, hieß es in Lena Inosemzewas Gedicht „Natascha“. Und Viktor Kapischnikows sprach in „Moloko“ von „Zwickmühle meine / Zweisprachigkeit. Ich fühle mich / Zweiköpfig“.
Zweiköpfig könnte man auch die von New Russian Culture in Translation (NRCT) herausgegebene handliche Anthologie „buterbrod“ mit Illustration von Lena Inosemzewa bezeichnen, die eine Auswahl deutscher und russischer Texte der buterbrod-Autoren versammelt. 2012 erschien sie bereits in zweiter Auflage. Der Käufer erhält sie – wie könnte es anders sein – in einer Butterbrot-Tüte.