Perspektiven und Spannungsfelder im Umgang mit zeitgenössischer Kunst
Leipzig, 20. August 2010 „Ist das Kunst oder kann das weg?“ Dieser populäre Spruch spiegelt jenes Unverständnis wider, welches manchen Kunstbetrachter angesichts einiger zeitgenössischer Werke beschleicht. Kunst, zu der lediglich eine fachkundige Minderheit Zugang findet? Genau das wollen fünf befreundete Künstler aus Deutschland, Frankreich und Österreich nicht. Deshalb riefen sie 2008 in der Galerie „Basement“ in Wien das Projekt „DRITTE RÄUME“ ins Leben, das in Kooperation mit dem Leipziger Kreis – Forum für Wissenschaft und Kunst in Leipzig präsentiert wird. Ein Vortrag von Kulturtheoretiker Klaus Theweleit, pädagogische Vermittlung und ein Konzert erweitern das Spektrum an Arbeiten aus den Bereichen Sound-, Performance- und Bildender Kunst. Ziel des Projekts ist es, ein möglichst breites und vor allem neues Publikum anzulocken und über die Kunst mit ihm in Interaktion zu treten, um einen Dialog zu entfachen.
„Kriegszustand im Teletubbyland“. Der Künstler und Autodidakt Frank Walter entwickelte seine eigene Strategie zur Ergründung des Phänomens „Dritte Räume“, dem Verhältnis von Künstler und Kunstpublikum. Die Kinder in seiner Installation „To take part in a combat“ sitzen in einer kuscheligen Welt aus farbigem Plüsch. Sie sind so vertieft in ihr Spiel, dass sie nichts um sich herum wahrnehmen. Manch einer wird sich beim Betrachten der Szenerie an den Entrückungszustand des eigenen kindlichen Spiels zurückerinnern, in dem Raum, Zeit und gesellschaftliche Moralvorstellungen noch keine Rolle spielten. Doch kennt das kindlich-naive Spiel wirklich keine moralischen Grenzen? Frank Walters provokative Installation wirft diese Frage auf und bringt den Betrachter dazu, seine Rolle als passiver Medienkonsument zu überdenken.
Schon der Titel „To take part in a combat“, zu deutsch „Mitkämpfen“, lässt ahnen, dass der erste harmonische Eindruck trügt. Das Konfliktpotential seiner Arbeit sieht Walter darin, dass er das positiv belegte Spielzeug mit überwiegend negativ konnotierten Kriegssymbolen kombiniert. Die Pervertierung der dargestellten Spielsituation ergibt sich jedoch erst durch die mediale Vorprägung des Betrachters, namentlich die Kriegsberichterstattung mit ihren Bildern. Die zwei gegensätzlichen Erfahrungsräume können zu unterschiedlichen Reaktionen führen, den inneren Konflikt verstärken oder ihn aufheben. Welche Schlüsse der Einzelne für sich zieht, ob die Überlegungen des Künstlers aufgehen, muss jeder für sich entscheiden. Für Kuratorin und Künstlerin Bianca Gröger trägt Walters bildhafter Ansatz als Teil einer wissenschafts- und kunstspartenübergreifenden Kooperation jedenfalls dazu bei, Vermittlungsprozesse anzuregen, „die den Rezipienten direkt einbinden und gemeinsam neue internationale Kommunikationsräume zu etablieren versuchen.“